Norbert Hocke, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

10 Jahre Projektarbeit KINDERWELTEN, meinen herzlichsten Glückwunsch, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Namen des Hauptvorstandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft möchte ich Euch zu Eurem jahrelangen, hervorragenden Engagement im Projekt KINDERWELTEN gratulieren.

Liebe Christa Preissing, liebe Petra Wagner,

Euch beiden gilt meine besondere Anerkennung. Ihr zeigt, mit welcher Ausdauer und Kraft dieses Projekt ─ nicht verbissen, sondern überzeugend ─ engagiert und konsequent zum Erfolg geführt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

warum hat sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft angeboten, gemeinsam diese Abschlusstagung zu gestalten und durchzuführen? Weil das Projekt KINDERWELTEN ein so konsequentes Projekt der Beteiligung, der Partizipation von Kindern, Eltern sowie Mitarbeitern aus Kitas, Schulen und Wissenschaft ist, wie kaum ein zweites Projekt in der Bildungslandschaft. Wenn wir den oft strapazierten Begriff der Best Praxis wirklich ernst nehmen und ihn nicht für jedes zweite gut gemeinte oder auch weniger gut gelungene Projekt verwenden würden, dann habt Ihr ihn vom Projekt KINDERWELTEN verdient: Ihr seid im wahrsten Sinne des Wortes: „Beste Praxis“!

Vielfalt respektieren – Ausgrenzung widerstehen

Dringender denn je ist diese Kernaussage des Projektes KINDERWELTEN für die Arbeit in Tagesein-richtungen für Kinder, in der Ausbildung zur Erzieherin und in den Schulen von zentraler Bedeutung. Und weil der Leitgedanke der vorurteilsbewussten Bildung und der inklusiven Pädagogik von zentra-ler Bedeutung für die Zukunft unserer Bildungseinrichtungen und für die Gesellschaft insgesamt ist, freue ich mich um so mehr, dass es gelungen ist, zu diesem Kongress Louise Derman-Sparks und Tony Booth nach Berlin einzuladen.

Welcome Louise Derman-Sparks and Tony Booth to our Conference! Your ideas and inspirations give us power for the work with children and parents. Thank you very much!

In diesen Tagen nach dem gescheiterten Bildungsgipfel braucht die Gesellschaft Projekte, die die soziale Zusammengehörigkeit in der Gesellschaft und nicht die Spaltung in den Vordergrund stellen. Inklusion ist das Zukunftsthema und nicht soziale Spaltung. „Das größte Hindernis für gleichberech-tigte Teilhabe ist die wachsende soziale Spaltung der Gesellschaft“ und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommt dem Projekt KINDERWELTEN in Zukunft eine zentrale Rolle bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeit in den Tageseinrichtungen für Kinder zu. Wo, wenn nicht in Kindergärten, in der Krippe muss die Erfahrung mit der inklusiven Umwelt gesammelt, müssen erste Schritte einer solidarischen Gesellschaft zwischen Mädchen und Jungen, Kindern mit besonderem Förderbedarf, Kindern mit und ohne Migrationshintergrund gelebt werden? Lasst uns für kurze Zeit mal all die klei-nen Forscher, die Lernwerkstätten, die Kunst-Ateliers, die Sprachlabore, die Klangstudios, die Biber-Häuser, die Bilder machen Kinos, die Lesemäuse zur Seite packen und uns wieder auf den Kern unse-rer Arbeit besinnen. Worin der Kern unserer Arbeit liegt, lässt sich aus dem § 1 des Kinder- und Ju-gendhilfegesetzes sehr gut ablesen: „Eigenständige und gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten“, da-rauf haben die Kinder einen Rechtsanspruch. Den einzulösen, darum geht es bei der Arbeit in den Kindertagesstätten. Innehalten und überprüfen, was in den letzten Jahren auf uns eingeströmt ist und uns übergestülpt wurde. Wir brauchen nicht die Experten, sondern Persönlichkeiten. Wir müs-sen in der Kita-Landschaft nicht wieder auf neue Grundlagen warten, denn Euer Projekt hat diese Grundlagen gelegt. Die sozialgerechte Gesellschaft muss der Ausgangspunkt sein; nicht die Elite, nicht die Exzellenz. Man sieht, wo uns die selbsternannte Finanz-Elite hingeführt hat: In die Krise! Insbesondere nach der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es dringend geboten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf der Grundlage einer sozialgerechten Gesellschaft zu gestalten. Und wenn es eines Beweises für die Notwendigkeit Eures Projektes KINDERWELTEN bedarf, so ist dies gerade heute durch die Äußerungen des ehemaligen Finanzsenators Sarrazin belegt worden. Er posaunt in die Welt hinaus, dass unsere Gesellschaft immer dümmer wird, weil wir zu viel Einwanderer aus afrikanischen, arabischen Staaten und aus der Türkei haben! Diese blinde Ignoranz und diese Besserwisserei einiger selbst ernannter Experten, die oft genug von vielen Politikern/innen hofiert werden, wird diese Ge-sellschaft spalten und nicht zusammenführen. Auf solche Experten kann unsere Gesellschaft verzich-ten.

„Wenn der Staat das Prinzip Gerechtigkeit aufgibt, verkommt es zu einer Räuberbande.“ (Augustinus)

Euer Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, war geprägt von der gemeinsame Arbeit mit den Eltern, Kindern und Kollegen und mit Eurer eigenen Biographie, Bildungspläne zu planen und sie zu gestalten. Ihr habt nicht über Kinder, Eltern bestimmt und geredet, wie dies oft in diesen Tagen von so genannten Integrationsbotschaftern oder besserwissenden Bürgermeistern getan wird, nein, ihr seid den schwierigen Weg gegangen: Vielfalt zu respektieren, Ausgrenzung zu widerstehen. Ihr habt gezeigt, dass die Bedeutung von Bildung für den einzelnen Menschen – groß oder klein – nicht abstrakt durch Tests, durch Diagnoseverfahren verordnet werden kann, sondern ihr habt Bildung vor Ort gestaltet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die GEW wird sich dafür einsetzen, dass das Projekt KINDERWELTEN in welcher Form auch immer eine prägende Kraft und eine aussagekräftige Form innerhalb des Sys-tems der Tageseinrichtungen für Kinder bleibt und darüber hinaus im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland zu spielen hat.

Abschließend gilt mein herzlicher Dank Allen, die dieses hervorragende Projekt – egal an welcher Stelle – getragen und zu einem Erfolg geführt haben. In diesem Sinne lasst uns heute feiern, aber auch inspirierende Gedanken und Anregungen aufnehmen von Louise Derman-Sparks, Tony Booth, Christa Preissing und von all den vielen Einrichtungen, die sich heute mit ihren Ergebnissen, Zwischenschritten und Erfahrungen vorstellen. Lasst uns Bildung konsequent gestalten.